Jägersprache

Sicher haben Sie schon mal eine Person des öffentlichen Lebens aufs Korn genommen. Und wahrscheinlich ist Ihnen auch schon manch heiße Story durch die Lappen gegangen? Dann sind Sie auch schon mittendrin in der Jägersprache – nicht zu verwechseln mit dem vielzitierten Jägerlatein.

Jäger pflegen seit Jahrhunderten – ähnlich wie die Seeleute – ihre eigenen Ausdrucksweisen. Im Laufe des vergangenen Jahrtausends dürften im deutschen Sprachraum insgesamt 13.000 jagdliche Begriffe entstanden sein, an die 3.000 sind gegenwärtig im Gebrauch.

Den Startschuß für die rasante Entwicklung der Waidmannssprache gab Karl der Große im 9. Jahrhundert nach Christus. Damals entstand der rein fachliche Teil der Jägersprache für die zweckorientierte Verständigung.

Etwa im 12. Jahrhundert liegen dann die Wurzeln einer jagdlichen Standessprache, die weit über den fachsprachlichen Aspekt hinaus ging und im 16. Jahrhundert zu ihrer vollen Entfaltung kam.

Der Jäger wollte sich in Kleidung, Gehabe und natürlich auch durch seine Sprache als Mitglied seines Standes vom Bürger und vom Bauern abheben. Daß der Waidmannssprache auch heute noch teilweise der Nimbus einer “Geheimsprache” anhaftet, hat seine Wurzeln in jener Zeit.

Ein Beispiel für die Entwicklung eines Fachausdruckes ist das ‘Jagdrevier’. Ursprünglich hatte das Revier mit Jagd nichts zu tun. Es wurde im deutschen Sprachraum erstmals um 1200 in Gestalt von “riever” als höfisches Modewort aus dem französischen “riviere” übernommen. “Riviere” bedeutet in Frankreich “ebenes Land entlang eines Wasserlaufes”. Uferlandschaften pflegten besonders wildreich zu sein und wurden deshalb für die Jagd mit Greifvögeln bevorzugt. In dieser Ecke faßte das “Revier” Fuß und konnte sodann seinen Siegeszug quer durch die deutsche Waidmannssprache antreten.

Dagegen ist der Keiler ohne Umwege in die Waidmannssprache eigezogen: Seine Bedeutung gilt heute noch genauso wie vor rund 400 Jahren. Die Zuordnung des “Keilers” zu dem bezeichneten Tier, dem männlichen Wildschwein, fällt auch dem jagdlich Unvorbelasteten nicht schwer. Denn dem “Keiler” liegt nichts anderes zugrunde als das “Schlagen” (= Keilen). Viele Ausdrücke sind sehr bildhaft und leicht zu lernen: die “Löffel” des Hasen, der “Sporn” des Fasanhahnes oder das “Röhren” des Hirsches.

Die Jägersprache war nie etwas Starres, sie hat sich laufend verändert. Sie mußte sich auf neue Jagdarten und neue Wildarten einstellen. Die heutige Jägersprache orientiert sich dementsprechend an der modernen Jagdpraxis.

Solange die Waidmannssprache nur unter Jägern – und nicht im Gespräch mit Nichtjägern – benutzt wird, bringt sie nachvollziehbare Vorteile: Sie fängt jagdlich wichtige Feinheiten ein, die man mit der normalen Sprache kaum darstellen kann und dient damit einer präzisen Verständigung der Jäger.

Ein naturbeflissener Nichtjäger wird vielleicht eine im Wald entdeckte Fährte gerade noch – wenn überhaupt – als Hirschfährte erkennen; ein “fermer” (oder allgemeinverständlich “firmer”) Jäger aber wird feststellen, daß der Hirsch “übereilte”, also die Hinterläufe vor den Tritten der Vorderläufe aufgesetzt hat. Aufgrund dieser Tatsache mutmaßt er, daß es ein jüngerer Hirsch war, der hier “gezogen” ist.

 

Quelle: Deutscher Jagdschutz Verband