foto1
foto1
foto1
foto1
foto1

Jägervereinigung Frankenberg e.V.

Fz vom 18. Oktober 2012

Gute Eichelmast und Maisfelder bieten Wildschweinen ideale Bedingungen für explosionsartige Vermehrung

Landwirte und Wildschweine lieben Mais – das Problem: Sie kommen sich dabei in die Quere. Was für den Menschen eine Pflanze mit gutem Profit und vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten ist, ist für die Tiere Versteck und gutes Futter. So werden die Schwarzkittel immer zahlreicher. Das bleibt nicht ohne Folgen.

 

VON MALTE GLOTZ

Frankenberger Land. Mais ist vielseitig: Die aus dem heutigen Mexiko stammende Pflanze kann für die Energiegewinnung und als Nahrung genutzt werden – für Menschen wie für Tiere. Weltweit ist etwa ein Drittel allen geernteten Getreides Mais. Dieser Erfolg jedoch erzeugt zugleich Probleme; nicht nur in Afrika, Asien oder Südamerika, sondern auch vor der Haustür. Denn nicht nur der Mensch hat Gefallen an dem goldgelben Getreide gefunden, sondern auch das Schwarzwild. Beherzt pflügen sich Wildschweine durch die Äcker. Diese bieten nicht nur ausreichend Nahrung, sondern während der Vegetationsperiode auch Schutz. „Der Schaden geht allein im Landkreis in die Hunderttausende“, schätzt Matthias Eckel, Geschäftsführer des Frankenberger Kreisbauernverbandes. Die Schäden würden ständig steigen, auch wenn die Mais- Anbaufläche – entgegen mancher Vermutung – gar nicht wachsen würde. „Wir haben in Hessen weniger Mais als 1995“, erklärt Eckel, selbst Landwirt. Der vorhandene Mais werde jedoch zunehmend konzentriert, dort, wo er benötigt wird. „Bei uns im Südkreis sind das weniger Biogas-Anlagen, als vielmehr die großen Viehbetriebe“, erläutert er. Denn Viehhaltung ohne Mais, das sei nicht möglich. 

 

 

Eine Gefahr für Wiesen, Äcker und den Schweinestall ist die ständig wachsende Zahl der Wildschweine.

 

 

 

 

 

Gemeinsam gegen die Tiere

In den großen, mit Mais besetzten Flächen fühlen sich die Tiere wohl. Oftmals reichen die Äcker bis an den Waldrand. „Eine Bejagung ist dann schwierig“, bemängelt Eckel, der selbst ebenfalls Jäger ist. Über die Jagdgenossenschaft gehört auch er der „Interessengemeinschaft Schwarzwild“ an. Sie ist ein länderübergreifender Zusammenschluss von Revierinhabern und Forstämtern aus dem Raum Medebach, Winterberg, Hallenberg und Lichtenfels sowie angrenzender Hegegemeinschaften, darunter Frankenberg und Vöhl-Frankenau. Die Interessengemeinschaft schätzt die Zuwachsraten beim Schwarzwild auf jährlich etwa 300 Prozent. „Wir hatten eine sehr gute Eichelmast“, erklärt Eckel rückblickend: Die Tiere hätten im vergangenen Jahr genug Eicheln und Kastanien gehabt, sich dann am Mais gütlich getan. „Die Erfahrung zeigt, dass gut genährte Tiere viele Frischlinge in die Welt setzen.“ Die Strecken der Jäger seien entsprechend gewachsen, erklärt er und stellt eine einfache Gleichung auf: „Hohe Strecke, hohe Schäden.“ Diese Erfahrung bestätigt Andreas Schmitt, Leiter des Frankenberger Forstamtes: „Natürlich bewegt sich die Population in Zyklen, aber es gibt schon eine generelle Tendenz nach oben“, stellt er fest. In einzelnen Populationen seien gar Zuwachsraten von 450 bis 500 Prozent feststellbar. Dann würde selbst ein für Wildtiere harter Winter wie in der Saison 2010/11 kaum noch etwas ausrichten: „In nur einem Jahr ist die Population wiederhergestellt, in zwei Jahren verdoppelt“, erklärt Schmitt. Grund sei die Strategie der Tiere, überschüssige Energie umgehend in neuen Nachwuchs umzusetzen. Er – wie auch Eckel – gehen daher von kreisweit mehr als 6000 geschossenen Tieren in der aktuellen Saison aus. 

 

 

Zunehmend konzentriert angebauter Mais ist für Schwarzkittel Rückzugsort und Futterquelle zugleich

 

 

 

 

Gefahr: Schweinepest

Die Interessengemeinschaft denkt derweil über Möglichkeiten nach, die von den Tieren angerichteten Schäden zu begrenzen. So seien etwa Biogas-Anlagen durchaus auch mit anderen Pflanzen zu betreiben: Malve, Klee, Sonnenblumen, Becherpflanzen, Beifuß. „Das ist bei Futterpflanzen aber nicht möglich – und auch für Biogas-Anlagen ist der Stein der Weisen noch nicht gefunden“, bemängelt Eckel. Die Bauern würden es zunehmend mit Bejagungsschneisen probieren. „Es ist durchaus im Interesse der Landwirte, Flächen so zu nutzen“ – wenn die Schäden durch die Tiere entsprechend verringert werden können. „Das ist absolut sinnvoll“, ergänzt Schmitt. Ziel müsse eine konsequente, gemeinsame Bejagung sein, erklärt der Forstamtsleiter. „Wir üben hier eine sehr scharfe Bejagung aus“, erklärt er: Es gebe keine Limits, abgesehen von führenden Tieren – also Bachen mit Frischlingen. Auch Drückjagden über Reviergrenzen hinweg seien sinnvoll. „Wir müssen mehr Tiere schießen“, sagt er mit Blick auf die wachsende Zahl der Schwarzkittel – Frischlinge und Überläufer müssten zu 80 Prozent aus dem Bestand genommen werden, um der Problematik Herr zu werden. Und das sei nötig, erläutern Eckel und Schmitt übereinstimmend. Denn wo es viele Tiere gebe, drohe ein weitere Gefahr, besonders für Landwirte: die Schweinepest. „Bislang sind wir glücklicherweise verschont geblieben, doch die Pest war schon einmal bis an die Landesgrenze vorgedrungen“, erinnert sich Schmitt – die Gefahr eines Überspringens bestünde jederzeit.